Interview: Fitnesstraining im Handball

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Fitness-Ökonom Markus Daniel im Interview mit Handball-Baden zum Thema Fitnesstraining

Insbesondere außerhalb der Saison ist Fitnesstraining für Handballer ein wichtiges Thema. Wir interviewten dazu Markus Daniel, Dipl. Fitness-Ökonom, orthopädischer Rehatrainer, Personaltrainer und Ernährungscoach im Wellnesspark Rastatt. Als aktiver Handballer spielte der gebürtige Muggensturmer u.a. in der Nord-Südbadenliga für den TSV Rintheim und die SG Bad Rotenfels/ Gaggenau und kennt sich perfekt mit den notwendigen Fitness und Ernährung aus.

Fitness-Ökonom Markus Daniel im Interview mit Handball-Baden zum Thema Fitnesstraining
Personaltrainer Markus Daniel im Interview mit Handball-Baden zum Thema Fitnesstraining

Handball-Baden (HB): Hallo Markus, in deinem Job hast du neben deiner eigenen Aktivität als Handballer viel mit Handballern aus unterschiedlichen Leistungsstufen zu tun. Gibt es aus deiner Sicht ein Merkmal, dass du bei Handballern immer wieder feststellst?

Markus Daniel (MD): Hallo Chris, wenn wir mal die Trainingsmaßnahmen nach den üblichen Verletzungen außen vor lassen, gibt es in der Tat ein Merkmal. Viele der aktiven Handballer bekommen früher oder später Rückenprobleme. Die Schmerzen tauchen überwiegend im unteren Bereich auf. Das Auftreten ist für viele oft eine Überraschung, da sie sich ja seit Jahren sportlich betätigen und fit fühlen. In so einem Fall gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Zum einen ist Handball natürlich ein sehr körperbetonter Sport und grade auch in den unteren Klassen steht nicht immer ein Physio zur Seite, der die ersten Probleme (Wirbelblockaden, die bandscheibenvorfallähnliche Symptome auslösen können) zur Seite. Aus diesem Grund empfehle ich, sich 1-2 Mal im Jahr  zum Beispiel von einem Osteopathen durchchecken zu lassen. Ein weiterer maßgeblicher Auslöser sind Dysbalancen der Muskulatur oder sogar zu schwache Muskulatur. Im zweiten Fall lege ich besonderen Wert auf den Aufbau der tief liegenden Muskelgruppen, sie geben Stabilisation bei Wurf und Sturz und schützen die Wirbelsäule wie eine Schraubzwinge bei Fehlbelastung.

HB: In vielen Vereinen ist nach der Saison ca. 6-8 Wochen trainingsfrei bevor die Vorbereitung für die nächste Saison losgeht. Gibt es Tipps, die du den Handballern geben kannst, wie sie sich während dieser Zeit fit halten können?

MD: Diese Phase nach der Runde sollte jeder Spieler individuell nutzen. Gab es Verletzungen oder „Wehwehchen“ während der Spielzeit, sollte diese Zeit genutzt werden, durch Schwimmen, Sauna oder leichtes Ergometertraining diese auszukurieren. Ich empfehle zunächst ca. 2 Wochen dem Körper komplett Ruhe zu gönnen. Anschließen mit einem leichten Stabilisationsprogramm der tiefliegenden Muskulatur oder z.B. kniestabilisierender Muskulatur (bei  Knieproblemen) zu beginnen. In dieser Phase sollte man lediglich ein leichtes Fitnesstraining mit einfließen lassen. Nach 6 Wochen kann dann mit dem eigentlichen Training wie Masseaufbau (je nach Position und Liga), Sprungkraft- und Wurfkraftraining begonnen werden. Diese Phase kann dann auch ohne Probleme in die Mannschaftvorbereitung mit einfließen. Der Körper hat sich an das Krafttraining gewöhnt und wenn die handballspezifischen Trainingseinheiten mit Ball beginnen, kann sich der Körper in Koordination und Dynamik auf das neue Körpergewicht einstellen. Um weitere Fehlhaltungen oder Einseitigkeit zu vermeiden, sollte man immer mit einem sehr erfahrenen Sportler oder Coach zusammen arbeiten.

HB: Gibt es auch Übungen und Hilfsmittel, die du empfehlen kannst für alle, die keine Möglichkeit haben ins Fitnessstudio zu gehen und die man zuhause trainieren kann?

MD: Ich sag immer zu meinen Kunden: „Ein guter Trainer kann dir sogar ein Fitnesstraining mit 2 Wasserflaschen erstellen“ (lacht). Tatsächlich lassen sich zuhause oder auf einer Wiese verschiedene Übungen für das Fitnesstraining machen. Gerade im Bereich der Stabilisation kann man sich recht schnell eigene Übungen kreieren. Es gibt da auch große Variationsmöglichkeiten, z.B. mit Thera-Band, Flexibar, Luftmatratze, Decke, etc. Als Beinachsentraining kann man z.B. Kniebeugen (ohne Schuhe) auf einer Luftmatratze oder Balance Board machen. Hat man dabei noch Gewichte in der Hand und führt nach 10 Kniebeugen noch 10 hohe Hocksprünge durch, hat man das Training gleich noch um den Faktor „Sprungkraft“ erweitert. Für den Schultergürtel kann man z.B. die altbekannten Liegestütze auf einem Ball machen. Legt man seine Füße auf den Ball und führt die Liegestütze durch, dann hat man ein noch intensiveres Training der gesamten rumpfstabilisierenden Muskulatur.

HB: Für wie wichtig hältst du Fitnesstraining neben dem Mannschaftstraining, das jeder Spieler-/in selbständig durchführt, z.B. um Verletzungen vorzubeugen?

MD: Eigentlich hast du in der Frage meine Antwort schon mit drin. Um muskuläre Disbalancen, Verletzungen oder gesundheitliche Probleme wie beispielsweise Arthrose oder Rückenprobleme zu vermeiden würde ich absolut ein Ergänzungstraining empfehlen. Oft reicht 1-2 mal die Woche ein 45-60-minütiges Programm.

HB: Wie sollte man sich deiner Meinung nach motivieren, um sich nach Rundenende nicht auf die faule Haut zu legen, sondern sich vor allem in dieser Zeit selbständig fit zu halten?

MD: Wichtig ist, dass man Übungen für die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit mit einem Spaßprogramm kombiniert. Warum nicht auch mal zum Beispiel Inline-Skates fahren, Wasserski, Spaziergänge, Schwimmen, Beachvolleyball, Rasensoccer, Hip Hop-Dance etc. als alternatives Fitnessprogramm nutzen? Ergänzend kann man sich von einem Coach ein kleines Programm für das Fitnessstudio oder das Wohnzimmer erstellen lassen um alle individuell wichtigen Komponenten abzudecken. Insgesamt haben wir einen hohen Spaßfaktor mit einer großen Effektivität. Außerdem werden so zusätzlich die motorischen Fähigkeiten geschult.

HB: Vielen Dank, Markus, für das Interview!

Markus Daniel führt auch Trainingseinheiten mit Mannschaften und einzelnen Spielern durch. Für Rückfragen und weitere Informationen erreicht ihr Markus Daniel unter: Dmarkus80@aol.com

Foto: Thorsten Rüger