THW Kiel: Eine Weltmarke verliert die Balance

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THW Kiel: Eine Weltmarke verliert die Balance

Alfred Gíslason, Icelandic handball coach from THW Kiel, on August 22nd 2009 in Ehingen (Germany), during the Schlecker Cup 2009By Kuebi CC BY-SA 3.0, Alfred Gislason ist seit 2008 Trainer des THW Kiel.

Rekordmeister, Rekordpokalsieger, dreimaliger Champions-League-Sieger. Der THW Kiel ist das Aushängeschild der deutschen Handball-Bundesliga. Doch in der aktuellen Spielzeit kommt der THW einfach nicht in Schwung. Die „Zebras“ verbuchten den schlechtesten Saisonstart seit 15 Jahren.

Dabei sprach vor der Saison alles für die Kieler. Auf dem Blatt galt der THW vorab als die beste Mannschaft, hat der Klub nicht zuletzt auch den größten Etat der Liga. Doch Anstatt eines furiosen Auftakts hagelte es den schlechtesten Saisonstart seit 15 Jahren. Bitterster Moment der anhaltenden Talfahrt aber war die 28:30-Pleite im Spitzenspiel am 1. Oktober bei Meister Rhein-Neckar Löwen. Immerhin gelang dem Team von Trainer Alfred Gislason nach zuletzt zwei Bundesliga-Pleiten beim HC Erlangen wieder ein Erfolg. Die Wettquoten aber sprechen längst nicht mehr für die Kieler. Durch den Erfolg wurde zwar das Punktekonto auf nunmehr 8:8 ausgeglichen, mit Platz neun ist Kiel von den Titelregionen allerdings weit entfernt.

Auch international läuft aktuell nichts zusammen. Am 8. Oktober musste der THW Kiel in der Handball-Champions-League im vierten Gruppenspiel die dritte Niederlage hinnehmen. Beim ungarischen Weltklasseteam KC Veszprem kamen die „Zebras“ mit 24:26 (15:12) unter die Räder. Die Pleite dürfte den Anhängern aber dennoch Mut machen, agierte die Mannschaft doch über die gesamte Spielzeit auf Augenhöhe mit den Ungarn und hätte bei einer etwas besseren Chancenverwertung auch einen Achtungserfolg verdient.

Einzig im Pokal haben die Kieler eine bislang makellose Bilanz vorzuweisen. Nach Siegen gegen unterklassige Teams stehen die Norddeutschen im Achtelfinale. Dort wartet am 18. Oktober der TSV Hannover-Burgdorf. Anders als die Kieler sind die „Recken“ mit Platz vier momentan im oberen Drittel der Bundesliga-Tabelle positioniert. Der TSV ist ohnehin seit jeher ein unangenehm zu spielender Gegner, weiß auch THW-Linksaußen Rune Dahmke: „Wir haben uns in den vergangenen Jahren in Hannover immer schwer getan.“

Dahmke mahnt aber auch die derzeitige Verunsicherung im Team an: „Nichts fühlt sich mehr so an, wie es mal war. Du versuchst krampfhaft, dahin zurückzukommen, wo du mal gewesen bist“, analysierte der Nationalspieler das vorherrschende Gefühl.

Allerdings sehen nicht alle im Vereine die aktuelle Misere derart klar. „Ich wehre mich gegen den Begriff Krise. Ich würde ihn jetzt in dieser Situation nicht verwenden“, sagte Aufsichtsratschef Reinhard Ziegenbein unlängst gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk. Anders Geschäftsführer Thorsten Storm: „Es ist sportlich natürlich eine Krise, wenn man die Ansprüche sieht, die durch die Vergangenheit entstehen.“

Und auch wirtschaftlich könnte dem Klub die Krise drohen. Sollte der Rekordmeister in diesem Jahr die Qualifikation für die Champions League verpassen, droht durch das Wegbrechen von Zuschauereinnahmen und Werbegeldern ein Minus von etwas mehr als einer Million Euro. Geld, dass der THW Kiel bei einem geschätzten Etat von 9,5 Millionen Euro dringend benötigt. Andernfalls wird man sich von dem einen oder anderen Leistungsträger trennen müssen. Der Abgang von Nationalspieler Andreas Wolff ist ohnehin bereits hausgemacht. Spätestens nach Vertragsende 2019 wird sich Wolff dem polnischen Meister Kielce anschließen.

Es gibt viele Nebenschauplätze derzeit in Kiel. In der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt aber wäre man gut beraten, eben jene schnellstmöglich auszublenden, wird der Monat Oktober mit einem knallharten Programm doch wegweisend. Mit Flensburg, Hannover-Burgdorf und den Füchsen Berlin warten drei Topvereine auf den dreimaligen Champions-League-Sieger.